
Auf nach Süden: Ein Bikepacking-Abenteuer in Patagonien (Teil 1)
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Radfahren auf der Carretera Austral: Gemeinsam gegen den Wind?
von Julian Bucher
Wer bin ich?
Hi! Ich bin Julian, Doktorand aus Deutschland, immer auf der Suche nach kleinen und großen Abenteuern. Meine Leidenschaft fürs Radfahren habe ich während eines Auslandssemesters in Kyoto entdeckt – mein Fahrrad hat mir damals die Freiheit gegeben, das Land unabhängig von Zügen, Autos und Hotels zu entdecken, zusammen mit anderen abenteuerlustigen Studis.
Worum geht’s in diesem Blog?
In diesem Beitrag geht’s um eine Reise, die ich vor Kurzem mit Freund*innen aus dieser Zeit unternommen habe: fünf Wochen in Patagonien – radeln, zelten, das ganze Gepäck im Rucksack, und ein vager Plan, einfach immer weiter Richtung Süden zu fahren.
Als ich zugesagt habe, diesen Blog zu schreiben, dachte ich ehrlich gesagt, ich würde hauptsächlich über klatschnasse Schlafsäcke, eiskalte Nächte und ständigen Gegenwind berichten. Meine Vorstellung war: brutaler Regen, schlechte Straßen, und patagonischer Wind, der einen in den Wahnsinn treibt – quasi Island 2.0 (eine frühere Tour, die mir immer noch in den Knochen steckt).
Und ja, es gab Herausforderungen – aber es war bei weitem nicht so schlimm wie befürchtet. Eigentlich war’s ziemlich nah dran an einer perfekten Radreise durch unfassbar schöne Landschaften.
Los geht’s
Der erste Teil unserer Tour verlief entlang der Carretera Austral, ursprünglich eine abgelegene Schotterstraße durch den Süden Chiles – heute größtenteils asphaltiert (etwa 75 %) und bekannt unter Radreisenden und Campervans. Gestartet sind wir in Puerto Varas, kleiner und mit mehr Charme als Puerto Montt, rund 1.000 km südlich von Santiago.
Unser grober Plan: 90–120 km pro Tag auf Asphalt, etwas weniger auf Schotter. Dazu wollten wir möglichst viele Nationalparks entlang der Strecke mitnehmen. Aber schon am ersten Tag war der Plan hinfällig – die Fähre, die wir an Tag zwei nehmen wollten, war komplett ausgebucht. Also haben wir spontan umgeplant und sind über Chiloé Island gefahren – zum Glück, denn die Umleitung war wunderschön.
Wir sind meistens früh gestartet, was für meine Motivation super war – mittags hatten wir oft schon den Großteil der Tagesetappe geschafft. Aber der Morgen war immer der härteste Teil. Wenn man noch im warmen Schlafsack liegt und weiß: Jetzt Zelt abbauen, Matte, Schlafsack, Kocher, Essen, Klamotten packen… jeden Tag aufs Neue. Irgendwann kommt man in einen Rhythmus, aber „Spaß“ war das nie.
Sobald wir wieder auf dem Rad saßen, war der Stress wie weggeblasen. Diese frühen Morgenstunden waren magisch: leere Straßen, klare Luft, und Patagonien in seiner ganzen Schönheit. Wir haben die meisten Fotos morgens gemacht – nachmittags war man oft so voll mit Eindrücken, dass das Handy einfach in der Tasche blieb.
Den Tritt finden
Die Kilometer-Markierungen entlang der Carretera Austral waren eine konstante kleine Motivation – alle paar Minuten zeigte dir ein Schild: wieder ein Kilometer geschafft. In einer Fünfergruppe zu fahren war top: Man konnte sich vorne abwechseln, im Windschatten entspannen, und kam so ziemlich effizient voran. Wenn jede*r nur 4 km vorne fährt, sind das 20 km für die ganze Gruppe.
Abends haben wir meist selbst gekocht. Eine super Faustregel: 500 g Pasta = 2 Personen. (Und keine Sorge – es gab nicht nur Pasta.)
Die Tage flogen vorbei. Wir sind durch die riesigen Farne im Pumalín Nationalpark gefahren (unbedingt empfehlenswert), haben zum hängenden Gletscher im Queulat Nationalpark gewandert (eher touristisch), waren am Lagoon bei Cerro Castillo (fantastisch), haben die Marmorhöhlen bei Puerto Río Tranquilo besucht (ziemlich cool), und Guanacos im Patagonia Nationalpark gesehen – dort hätten wir gerne mehr Zeit gehabt.
Nur zweimal mussten wir unser Tagesziel aufgeben. Einmal war der Gegenwind so heftig, dass wir irgendwann aufgegeben und umgedreht sind. Es ist kein schönes Gefühl, aus Schwäche „aufzugeben“ – aber manchmal gewinnt einfach die Natur. Das zweite Mal ist bei einem Freund die Felge gerissen. Obwohl wir ein gutes Werkzeugset und etwas Reparatur-Know-how dabeihatten – das war zu viel. Er ist dann per Anhalter und Bus zum nächsten Ort mit Radladen gefahren und war drei Tage weg vom Fenster.
Das Ende kommt näher?
Nach Cochrane ließ meine Motivation spürbar nach. Es fühlte sich nicht mehr wie eine Entdeckungsreise an, sondern eher wie: Wir fahren halt, bis es vorbei ist. Als wir schließlich Puerto Yungay erreichten, war ich deshalb nicht allzu traurig.
Dort haben wir uns aufgeteilt: Ein Teil der Gruppe ist weiter nach Villa O’Higgins gefahren und dann zu Fuß und per Boot nach Argentinien übergesetzt – die anderen haben eine zweitägige Fährfahrt nach Puerto Natales gemacht… Aber dazu mehr in Teil 2.